Subventionsbetrug - was ist das?
Haben Sie im Zuge der Corona-Pandemie als Einzelunternehmen oder Geschäftsführerin bzw. Geschäftsführer Corona-Hilfen beantragt? Und fürchten Sie jetzt, da so viele Ermittlungsverfahren gegen mögliche „Subventionsbetrüger“ – mittlerweile bundesweit mehr als 24 000 Fälle – laufen, in Ihrer Antragsstellung etwas falsch gemacht zu haben? Und damit möglicherweise neben der Rückzahlungsforderung sogar selbst ins Visier der Strafverfolgungsbehörde zu geraten?
Dann lesen Sie in unserer Praxistippreihe „Corona und Subventionsbetrug“, was auf Sie zukommen kann, wenn Ihre gemachten Angaben angezweifelt werden, wie Sie sich davor schützen können und wie Sie sich gegen Rückzahlungsforderungen oder eine Strafanzeige wehren.
Im ersten Teil erfahren Sie alles Wissenswerte über das Wesen des Subventionsbetruges im Zusammenhang mit den Corona-Beihilfen.
Die Krux mit dem Kleingedruckten
Sind Ihnen beim Ausfüllen des Antrags – sei es für die Corona-Soforthilfe, die Überbrückungshilfe oder die außerordentliche Wirtschaftshilfe (sog. „November-/Dezemberhilfe“) – die zahlreichen Hinweise und „Versicherungen“, die Sie mit Ihrer Unterschrift abgeben mussten, aufgefallen?
Und haben Sie sich auch damit beschäftigt, was es damit im Einzelnen auf sich hat? Ganz besonders der Hinweis auf den strafrechtlichen Zusammenhang Ihrer Angaben mit § 264 des Strafgesetzbuches, Subventionsbetrug, wenn Sie den Mitteilungspflichten nicht ordnungsgemäß nachgekommen sind bzw. wissentlich oder unwissentlich falsche Angaben gemacht haben?
Wie die meisten Antragsteller vermutlich eher nicht.
Reales Haftungs- und Strafbarkeitsrisiko
Dies könnte nun zum Bumerang werden. Denn die Corona-Hilfen werden als sogenannte „Beihilfen“, „Billigkeitsleistungen“ oder auch „Subventionen“ gewährt und eben nicht als „Entschädigung“ für die durch die staatlich verordneten Schließungen verursachten Umsatz- und Gewinnausfälle. Und für Subventionen gibt es im Strafgesetzbuch einen ganz eigenen Straftatbestand, der hier zum Tragen kommen kann, und zwar der schon erwähnte Subventionsbetrug gemäß § 264 StGB.
Warum ist eine Corona-Hilfe eine Subvention?
Subvention im Sinne der Vorschrift ist
- eine Leistung aus öffentlichen Mitteln nach Bundes- oder Landesrecht an Betriebe oder Unternehmen, die wenigstens zum Teil ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt wird und der Förderung der Wirtschaft dienen soll
- eine Leistung aus öffentlichen Mitteln nach dem Recht der Europäischen Union, die wenigstens zum Teil ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt wird
Da der Großteil der aktuellen Corona-Hilfen den Bestimmungen des EU-Beihilferechts unterstellt ist, fallen sie damit bei Missbrauch in den Anwendungsbereich des Subventionsbetruges – mit den entsprechenden strafrechtlichen Konsequenzen.
Wann liegt ein Subventionsbetrug vor?
Subventionsbetrug liegt vor, wenn Antragstellerinnen oder Antragsteller
- über subventionserhebliche Tatsachen für sich oder einen anderen unrichtige oder unvollständige Angaben machen, die für sie oder den anderen vorteilhaft sind (§ 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB).
- eine gewährte zweckgebundene Subvention entgegen einer Verwendungsbeschränkung verwenden (§ 264 Abs. 1 Nr. 2 StGB).
- offenbarungspflichtige subventionserhebliche Tatsachen gegenüber dem Subventionsgeber verschweigen (§ 264 Abs. 1 Nr. 3 StGB).
- in einem Subventionsverfahren eine durch unrichtige oder unvollständige Angaben erlangte Bescheinigung über eine Subventionsberechtigung oder über subventionserhebliche Tatsachen gebrauchen (§ 264 Abs. 1 Nr. 4 StGB).
„Subventionserhebliche Tatsachen“ sind dabei die Umstände, von denen die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils gesetzlich oder nach dem Subventionsvertrag abhängig ist.
Welche Angaben im Antragsformular sind „subventionserheblich“?
In den meisten Anträgen werden ausdrücklich alle Angaben als ,,subventionserheblich“ bezeichnet. Aber trifft das zu? Unter Juristen ist diese Frage wegen des Wesens des Gesetzes umstritten, verlassen sollte man sich aber darauf nicht, dass Beihilfe-Voraussetzungen keine subventionserheblichen Tatsachen i. S. d. § 264 Abs. 9 StGB sind. Die Rechtsprechung hat sich mit diesem Thema noch nicht befasst, aber es ist naheliegend, dass die Strafverfolgungsbehörden diese Frage wahrscheinlich argumentativ überwinden, um keine Strafbarkeitslücken entstehen zu lassen.
Leichtfertig, fahrlässig, vorsätzlich … Wann bin ich haftbar?
Erforderlich ist, dass vorsätzlich, also willentlich und wissentlich, gehandelt wird. Es genügt, wenn sogenannter Eventualvorsatz gegeben ist. Das heißt, der Erklärende erkennt die Möglichkeit einer Falschangabe und findet sich damit ab.
Aber auch die leichtfertige Begehungsweise ist strafbehaftet. Leichtfertig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt. Der Erklärende erkennt die Möglichkeit einer Falschangabe, findet sich aber damit ab (,,Es wird schon gut gehen!“).
Strafbehaftet ist allerdings nicht die „einfache“ Fahrlässigkeit, also die Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, ohne dass eine schwerwiegende Missachtung vorliegt.
Die Abgrenzung der subjektiven Begehungsweisen sorgt in der Praxis seit jeher für Kontroversen und kann nur gelingen, wenn die objektiven Umstände in der Gesamtschau gewürdigt werden. Als Faustformel dürfte Folgendes gelten:
- Je offensichtlicher die Falschangabe ist, desto näher liegt die Annahme der vorsätzlichen Begehungsweise.
- Je komplexer die entscheidungserheblichen Umstände hingegen sind, desto eher liegt die Annahme der ,,einfachen“ Fahrlässigkeit nahe.
Expertentipp: Holen Sie sich rechtzeitig Hilfe und verhindern Sie das Schlimmste!
Die Strafgerichte sind bereits mit den ersten Fällen des Subventionsbetruges mit Corona-Hilfen befasst. Dabei handelt es sich zunächst um einfach gelagerte Fälle der ,,Scheinunternehmen“. Doch sowohl Politik als auch Justiz haben deutlich zum Ausdruck gebracht, dass ein Missbrauch der gewährten Soforthilfen mit allen Mitteln und Kräften aufgeklärt und verfolgt werden wird.
Dieser Apell sollte zum Anlass genommen werden, um die internen Prozesse mit Fokus auf etwaige strafrechtliche Risiken zu überarbeiten und anzupassen. Zögern Sie daher bitte nicht, uns anzusprechen!
Gern unterstützen wir Sie bei allen Fragen rund um das Thema Beihilfe, Subventionsbetrug und zu den Corona-Hilfsprogrammen. Von der korrekten Antragstellung bis zum Widerspruchs- oder Strafverfahren!
Wie Sie sich bereits im Vorfeld vor einem strafrechtlichen Vorwurf des Subventionsbetruges effektiv schützen können oder wie Sie angemessen auf Widerruf- und Rückforderungsbescheide reagieren, erfahren Sie in unserem Folgebeitrag „Praktische Maßnahmen im Beihilfestreit“.
Teil II: Subventionsbetrug - Praktische Maßnahmen im Beihilfestreit