Entschädigungsansprüche nach dem Infektionsschutzgesetz wegen Verdienstausfällen
- Voraussetzungen
- Nicht behördlich erfasste Maßnahmen
- Höhe der Entschädigung
- Beantragung
- Ihre Ansprechpartner
In unserer Sonderausgabe des Unternehmerbriefs 03/2020 haben wir Sie bereits in Kürze über mögliche Entschädigungsansprüche bei Verdienstausfall nach dem Infektionsschutzgesetz informiert. Wir möchten dies mit unserer heutigen Sonderausgabe nochmals vertiefend darstellen.
- VORAUSSETZUNGEN
Für Arbeitnehmer und Selbstständige/Freiberufler, gegen die direkt eine Quarantäne oder ein Tätigkeitsverbot von der zuständigen Behörde ausgesprochen wurde, kann ein Verdienstausfall nach § 56 Infektionsschutzgesetz in Betracht kommen.
Gegen die betroffenen Personen müssen zunächst eine Quarantäne oder ein Tätigkeitsverbot angeordnet werden. Eine Quarantäne liegt vor, wenn sich
- eine bestimmte Person
- eine bestimmte Zeit
- an einem bestimmten Ort (z.B. eigene Wohnung) aufhalten muss und
- sich in der Zeit nicht frei bewegen darf
- und diese Anordnung vom Gesundheitsamt ausgesprochen wurde.
Eine Person, die z.B. in Kontakt mit einem mit Covid-19 infizierten Menschen stand, wird durch das Gesundheitsamt der Region Hannover unter Quarantäne gestellt, bis klar ist, ob sie selber auch infiziert ist.
Bei einem Tätigkeitsverbot im Sinne des § 56 Infektionsschutzgesetz handelt es sich um eine behördlich angeordnete Untersagung der Tätigkeit für einen bestimmten Zeitraum.
- NICHT ERFASSTE BEHÖRDLICHE MAßNAHMEN
Die zuständigen Landesbehörden haben deutschlandweit die Schließung von Einrichtungen bzw. die Untersagung von Veranstaltungen angeordnet. Zur Eindämmung der Covid-19-Epidemie wurden die unterschiedlichsten Maßnahmen ergriffen. So wurden beispielsweise Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen und Kindertageseinrichtungen geschlossen, Veranstaltungen abgesagt oder untersagt sowie Betriebsschließungen für beispielsweise Fitnessstudios, angeordnet. Bei diesen Maßnahmen handelt es sich weder um eine Quarantäne noch um ein Tätigkeitsverbot. Unterfällt der Betrieb somit einer solchen Maßnahme, scheidet ein Anspruch gemäß § 56 Infektionsschutzgesetz aus.
Ein Verdienstausfall kann auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes also nicht erstattet werden, wenn
- Aufträge wegbrechen, weil Einrichtungen geschlossen werden oder Veranstaltungen abgesagt werden
- Fitnessstudios, Gaststätten, Schwimmbad, Freizeiteinrichtungen etc. geschlossen werden müssen
- die Kita oder Schule des Kindes geschlossen wurde und wegen der Kinderbetreuung nicht gearbeitet werden kann
- Kunden ausbleiben
- eine Person sich in freiwillige Quarantäne begibt.
- HÖHE DER ENTSCHÄDIGUNG
Die Entschädigung bemisst sich nach dem Verdienstausfall. Dies ist das Arbeitsentgelt, das dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit nach Abzug der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung zusteht (Netto-Arbeitsentgelt). Die Einzelheiten der Höhe des Verdienstausfalls müssen unter Berücksichtigung etwaiger Beantragung von Kurzarbeitergeld sowie anderen Besonderheiten des Einzelfalls berechnet werden. Gleiches gilt grundsätzlich auch für den Verdienstausfall von Selbstständigen. Bei Selbstständigen wird als Verdienstausfall 1/12 des Arbeitseinkommens aus der entschädigungspflichtigen Tätigkeit zugrunde gelegt.
Bei Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber für die Dauer des Arbeitsverhältnisses – längstens für sechs Wochen – die Entschädigung zunächst für die zuständige Behörde auszuzahlen. Ab der siebten Woche erfolgt die Auszahlung in Höhe des Krankengeldes. Die vom Arbeitgeber ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet.
- BEANTRAGUNG
Entschädigungs- bzw. Erstattungsanträge sind innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit oder dem Ende der Absonderung/Quarantäne bei der zuständigen Behörde einzureichen.
Der Antrag kann grundsätzlich vom Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer bzw. dem Selbstständigen gestellt werden.
Stellt der Arbeitgeber einen Erstattungsantrag, so hat er einen Nachweis zu erbringen über
- die Höhe des für die Zeit des Berufsverbotes oder der Absonderung zu zahlenden Arbeitsentgelts (z.B. Gehaltsmitteilung des betreffenden Monats bzw. der vorherigen drei Monate),
- die Höhe der abzuziehenden Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung im Einzelnen aufgeschlüsselt,
- die Höhe etwaiger Zuschüsse bzw. dass während der Zeit des Berufsverbotes oder der Quarantäne keine Zuschüsse gewährt wurden,
- das Nichtvorliegen einer Arbeitsunfähigkeit wegen einer Krankheit.
Selbstständige müssen dem Antrag Folgendes beifügen
- eine Bescheinigung des Finanzamtes über die Höhe des letzten beim Finanzamt nachgewiesenen Jahreseinkommens,
- einen Nachweis über die Höhe der abzuziehenden Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung, sowie
- einen Nachweis darüber, dass während der Zeit des Tätigkeitsverbots bzw. der Absonderung keine Arbeitsunfähigkeit wegen einer Krankheit bestand.
Die zu verwendenden Antragsformulare sind für die Region Hannover auf der entsprechenden Internetseite verfügbar. Bitte beachten Sie, dass die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen immer auch von dem zugrundeliegenden Einzelfall abhängt. Gerne unterstützen wir Sie bei der Prüfung und Beantragung etwaiger Entschädigungsansprüche.
5. IHRE ANSPRECHPARTNER
Leena Diestelhorst, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht