Der EuGH beschäftigte sich mit der Frage, ob ein Vorsteuerabzug auch ohne die Einhaltung formeller Voraussetzungen wie das strikte Rechnungserfordernis zulässig sei, und kam zu einem Ergebnis, das auch auf die Entscheidungen deutscher Finanzbehörden Auswirkungen hat.
Der Ausgangsfall
Ein Gericht in Rumänien wandte sich im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens an den EuGH, um klären zu lassen, ob ein Vorsteuerabzug zulässig sei, wenn zwar die sachlichen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs erfüllt sind, aber der Steuerpflichtige nicht in der Lage ist, die als Vorsteuer für die Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen gezahlten Beträge durch Vorlage ordnungsgemäßer Rechnungen nachzuweisen.
Im vorliegenden Fall war der Steuerpflichtige lediglich im Besitz mittlerweile unleserlich gewordener Kassenzettel.
Das Urteil des EUGH
In seinem Urteil vom 21.11.2018 unterscheidet das Gericht zunächst zwischen den materiellen und den formellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorsteuerabzugs.
Auf dieser Grundlage hebt es hervor, dass die strikte Anwendung des formellen Erfordernisses, Rechnungen vorzulegen, gegen die Grundsätze der Neutralität und der Verhältnismäßigkeit verstoße. Demnach setzt der Vorsteuerabzug nicht mehr zwingend den Besitz einer Rechnung voraus.
Jedoch müsse der Steuerpflichtige durch „objektive Nachweise“ belegen, dass die (materiellen) Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug tatsächlich vorliegen. Im Falle des rumänischen Steuerpflichtigen erfüllte dieser die Voraussetzungen mit den unleserlichen Kassenzetteln jedoch nicht.
Folge für die steuerliche Praxis
Aus Sicht der deutschen Finanzbehörden ist weiterhin an dem Besitz und der Vorlage einer Eingangsrechnung festzuhalten, um das Vorsteuerrecht auszuüben. Allerdings sollte zukünftig in den Fällen, in denen die Finanzverwaltung den Vorsteuerabzug mangels einer solchen Rechnung versagt, geprüft werden, ob zum Nachweis der materiellen Voraussetzungen nicht auch andere Dokumente vorgelegt werden können.