Wer kennt es nicht: Der Arbeitgeber spricht eine Kündigung aus und kurz darauf meldet sich der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin krank. Oder es kommt zu einer Eigenkündigung und schon bald darauf liegt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor. Ob Sie das verärgert? Aber natürlich und auch zu Recht! Denn der Verdacht der nur vorgetäuschten Erkrankung liegt nahe.
Dieser bittere Beigeschmack und die Tatsache, dass der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Arbeitsverhältnis bislang als nahezu unerschütterlich galt, haben Sie als Arbeitgeber dazu veranlasst, die Situation zu akzeptieren und in der Regel Entgeltfortzahlungen zu leisten.
Die Rechtsprechungswende
Aufgrund einer aktuellen Rechtsprechungsentwicklung werden Sie vorstehend beschriebene Situationen nicht mehr einfach so hinnehmen müssen: Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert sein kann, wenn die Krankmeldung eines Arbeitnehmers oder einer Arbeitnehmerin in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Kündigung steht – sei es arbeitgeber- oder arbeitnehmerseitig. Dabei ist es wichtig, die Gesamtumstände zu berücksichtigen und im Einzelfall zu prüfen, ob stichhaltige Indizien vorliegen, die Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit begründen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung passgenau den Zeitraum bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses abdeckt. Auch die Vorlage mehrerer aufeinanderfolgender Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann ein ausreichendes Indiz sein und den Beweiswert erschüttern.
Was heißt das für Sie?
Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin ist verpflichtet, wenn Sie begründete Zweifel vortragen, genauer darzulegen und zu beweisen, dass tatsächlich eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Dazu muss angegeben werden, an welcher Krankheit man leidet, und gegebenenfalls kann der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin als Zeuge oder Zeugin angehört werden.
Die Rechtsfolge
Sollte festgestellt werden, dass der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin die Erkrankung nur vorgetäuscht hat, besteht für den betreffenden Zeitraum kein Entgeltanspruch. Zudem kann das Verhalten des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin strafrechtliche Konsequenzen haben.
Unsere Empfehlung
Steht eine Krankmeldung eines Arbeitnehmers oder einer Arbeitnehmerin im zeitlichen und tatsächlichen Zusammenhang mit einer Kündigung und haben Sie dabei ein ungutes Gefühl, sollten Sie die Angelegenheit genauer prüfen. Lassen Sie Ihren individuellen Fall rechtlich bewerten.
Gerne stehe ich Ihnen hierfür zur Verfügung:
Franziska Gassel
Rechtsanwältin & Fachanwältin für Arbeitsrecht
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