ArbeitsrechtNews
Human Resources - Arbeitsrecht

Energieknappheit – Arbeitsrechtliche Möglichkeiten bei Einschränkung der Betriebsausübung

Keine Nachrichten lassen derzeit die Energieknappheit und die Befürchtung etwaiger damit verbundener Energieausfälle (Blackouts) in der kommenden Wintersaison aus. Auch Sie haben sich bestimmt bereits mit der Frage beschäftigt, welche Auswirkungen ein solches Ereignis auf die Arbeitsverhältnisse in Ihrem Unternehmen hat.

Gerne möchten wir Ihnen mit den nachstehenden Ausführungen ein paar Denkanstöße mitgeben:

1. Stromausfall als höhere Gewalt

Der Begriff der höheren Gewalt ist bereits während Corona-Pandemie und zwischenzeitlich wegen eines im Suezkanal verkeilten Schiffs sowie kriegsbedingter Lieferengpässe weitestgehend bekannt. Auch mit Blick auf einen nicht nur kurzzeitigen Stromausfall ist unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) von einer höheren Gewalt auszugehen. Höhere Gewalt sind Umstände, die von außen ohne dessen Hinzutun auf ein Unternehmen einwirken. Dieses Einwirken führt dazu, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihrer Arbeitsleistung nicht länger nachgehen können.

Tritt höhere Gewalt ein, wird diese als Betriebsrisiko gewertet, welches regelmäßig der Arbeitgeber zu tragen hat. Das hat zur Folge, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Entgeltanspruch behalten, obwohl sie keine Arbeitsleistung erbringen.

2. Stromausfall aufgrund behördlicher Anordnung

Auch besteht die Möglichkeit, dass Ihr Unternehmen aufgrund behördlicher Anordnungen für eine bestimmte Zeit keinen Strom erhält. In diesem Fall handelt es sich zwar nicht um höhere Gewalt, sondern um einen behördlichen Akt. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer behalten nichtsdestotrotz auch in dieser Situation regelmäßig ihren Entgeltanspruch auch bei Ausfall der Arbeitsleistung. Denn auch insoweit liegt das Betriebsrisiko beim Arbeitgeber.

Anders kann es sich jedoch verhalten - und so ist es für einen Fall aufgrund der Corona-Pandemie vom Bundesarbeitsgericht entschieden worden -, wenn es sich um eine allgemeine betriebsübergreifende staatliche Maßnahme zum Schutz der Bevölkerung handelt. D. h. nicht nur Ihr Unternehmen, sondern die Branche, in der Sie tätig sind, sowie etwaige weitere Branchen sind von der Allgemeinverfügung betroffen. In einer solchen Situation hat das Gericht angenommen, dass nicht länger der Arbeitgeber das Betriebsrisiko zu tragen habe. Die klagenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hatten keinen Anspruch auf Entgelt. Das Gericht entschied, dass in einem solchen Fall der Staat Abwehrmaßnahmen zu schaffen habe, um das finanzielle Risiko für die Gesellschaft abzuwenden (bspw. Einführung von Kurzarbeit zur Abfederung des finanziellen Ruins). Würde sich die Anordnung hingegen auf unternehmensspezifische Gründe stützen, wäre anders zu urteilen.

3. Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld im Fall von Stromausfall

Die Beantragung von Kurzarbeitergeld bei der Agentur für Arbeit ist Ihnen ggf. bereits im Rahmen der Corona-Pandemie und dem damit verbundenen wegfall der Arbeitsaufgaben bekannt geworden. Auch bei vorübergehenden Stromausfällen und einem damit verbundenen Arbeitsausfall kann die Einführung das Instrument für die Überbrückung der Krise sein.

Die Einführung von Kurzarbeit und die Beantragung von Kurzarbeitergeld ist ein Instrument zur Überbrückung von vorübergehender Störung des Unternehmensablaufs bei einem erheblichen Arbeitsausfall. Sie sind vielleicht schon vertraut damit, dass für die Einführung von Kurzarbeit im Unternehmen eine Rechtsgrundlage zwischen Ihnen und Ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern geregelt sein muss. Diese kann sich aus Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder dem Arbeitsvertrag ergeben.

Darüber hinaus setzt die Beantragung von Kurzarbeitergeld gem. § 95 ff. SGB III voraus: Erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall, betriebliche und persönliche Voraussetzungen und Anzeige des Arbeitsausfalls bei der Agentur für Arbeit.

Dabei muss der Arbeitsausfall unabwendbar gewesen sein.

4. Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld im Fall von Stromausfall

Häufig erreicht uns die Frage, wann Kurzarbeit eingeführt und wann betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden können oder ggf. auch müssen.

Wie bereits angeführt, setzt die Einführung von Kurzarbeit einen (nur) vorübergehenden Arbeitsausfall voraus. Die betriebsbedingte Kündigung hingegen fordert jedenfalls den dauerhaften Entfall der Tätigkeit. Dies bedeutet, dass die Arbeit nicht nur für einen Zeitraum entfällt und dann wieder entsteht; der Arbeitsausfall muss von Dauer sein. Erst bei der Bejahung des dauerhaften Entfalles, kann der Ausspruch der betriebsbedingten Kündigung gerechtfertigt sein.

Sie haben noch Fragen?

Sollten Sie bislang nicht von Kurzarbeit betroffen gewesen sein, könnten Sie jedoch ggf. in diesem Winter von etwaigen Energieausfällen betroffen sein, prüfen Sie, ob es Ihnen möglich ist, Kurzarbeit kurzfristig einführen zu können. Bestehen die erforderlichen Regelungen zur Einführung von Kurzarbeit in Ihrem Unternehmen? Und ab welchem Umfang ist von einem erheblichen Arbeitsausfall auszugehen? Gerne unterstützen wir Sie bei der Überprüfung. Auch beantworten wir Ihnen Fragen zur Anzeige von Kurzarbeit sowie die Beantragung von Kurzarbeitergeld. Wir möchten Ihnen dringend empfehlen, nicht erst abzuwarten. Die rechtlichen Vorbereitungen können Sie bereits gegenwärtig treffen.