Von der Herausforderung zum Wettbewerbsvorteil
„Wer sich in den vergangenen Jahren ernstlich mit der existenziellen Krise im Mensch-Natur-Verhältnis beschäftigt hat, muss irgendwie damit fertigwerden, dass sich die Lage trotz allen Engagements, trotz aller Einsichten […] verschlechtert hat. Wir laufen wirklich und wahrhaftig sehenden Auges auf einen Abgrund zu, eine wirkliche Wende ist noch nicht in Sicht. Wie geht man damit um? […] Wer will ich sein in dieser Welt, die drauf und dran ist, sich zu ruinieren? Will ich jemand sein, der mit 1000 Ausreden in stressigen, fahrigen Selbstgesprächen ungefähr so weitermacht? Jemand, der in ständigem und steigendem Widerspruch zu seinen Werten lebt? Oder einer und eine, die sich so verhalten, als können sie zu einer Wende etwas beitragen, und zwar unabhängig davon, ob diese Wende auch wirklich geschieht? […] Nennen wir es mal Öko-Existenzialismus.“ (Bernd Ulrich im ZEIT Magazin Nr. 31/2022 v. 28.7.2022)
Das Thema der Nachhaltigkeit ist allgegenwärtig: die Rodung von Regenwäldern in Brasilien, anhaltende Dürre in Italien, brennende Wälder in Deutschland, Hungersnot. Es ist ein Thema, das uns alle angeht. Die Vereinten Nationen definierten 17 Nachhaltigkeitsziele. Diese haben weitreichenden Einfluss auf die Zukunft der Wirtschaft und damit insbesondere auf den Mittelstand als zentralem Treiber der wirtschaftlichen Aktivitäten.
Vier Gesetzesinitiativen
Auf Basis dieser Ziele hat sich die EU-Kommission vorgenommen, die Treibhausgas-Emissionen in der Europäischen Union bis 2050 deutlich zu reduzieren. Dazu umfasst der sogenannte „Green Deal“ eine Reihe von Maßnahmen zu nachhaltigem Wirtschaften und zu nachhaltiger Finanzierung. Abgeleitet aus diesen Strategien dienen vier Gesetzesinitiativen als Grundlage:
- das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz,
- die Offenlegungspflichten für Nachhaltigkeitsaspekte in die Anlageentscheidungen am Kapitalmarkt,
- die EU-Taxonomie-Verordnung und
- Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD-Richtlinie) zur Weiterentwicklung der bestehenden nichtfinanziellen Berichterstattung.
Zur Transparenz verpflichtet
Im Kern geht es um die Schaffung von Transparenz. So werden Unternehmen zukünftig verpflichtet den Anteil an Umsatzerlösen, Investitionsausgaben und Betriebsausgaben anzugeben, die mit nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten verbunden sind. Diese Regelungen gelten zunächst für bestimmte große Unternehmen. In kommenden Jahren werden sie aber ratierlich auf kleinere Unternehmen und auch inhaltlich ausgeweitet. Wir erwarten in diesem Zusammenhang, dass berichtspflichtige Unternehmen ihre Lieferanten und Dienstleister auffordern werden, Informationen zur Nachhaltigkeit beizusteuern und Vorgaben zu definieren. Sie werden ggf. eine künftige Zusammenarbeit davon abhängig machen.
Welche Konsequenzen hat dies für mittelständische Unternehmen?
Gerade für den Mittelstand besteht die Herausforderung darin, diese Abhängigkeit als Teil spezifischer Lieferketten zu beeinflussen oder deren Druck Stand zu halten und zudem das eigene Geschäftsmodell hin zu klimaverträglichen und sozialverträglichen Wirtschaften zu transformieren.
Für die Umsetzung dieser Entwicklungen braucht es nachhaltigkeitsbezogene Informationen und deren Bewertung. Hierzu müssen Unternehmen ihre bewährten IT-Systeme, interne Abläufe- und Kontrollsysteme, Planungen, Investitionsstrategien, Compliance- und Risikomanagementsysteme anpassen.
Wettbewerbsvorteil durch Nachhaltigkeitsstrategie
Die Chancen des Mittelstandes sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, sind nicht zu unterschätzen. Durch eine frühzeitige Anpassung an erhöhte Nachhaltigkeitsanforderungen können die Vorteile innovativer Produkte und Dienstleistungen unter den neuen Bedingungen ausgeschöpft werden. Es werden sich neue Geschäftsfelder erschließen. Gleichzeitig werden nachhaltige agierende Unternehmen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter interessante Arbeitgeber.
Wir als Wirtschaftsprüfer sind in die Nachhaltigkeitsstrategie eingebunden und begleiten Unternehmen bei der Transformation. Sprechen Sie uns gerne an!
Der Vizekanzler sagte in einem Interview zur Energiewende: „Menschen können sich entscheiden, wer sie sein wollen.“ Unternehmerinnen und Unternehmer haben ebenfalls die Wahl, oft aber auch eine Verpflichtung.