Corona

Wer fördert, der fordert!

Stolperfalle Unternehmensverbund: Wir verraten Ihnen im sechsten Teil unserer Praxistipp-Reihe, was es in der Schlussabrechnung zu beachten gilt.

 

Subventionsbetrug im Kontext der Schlussabrechnung: Fokus ,,Unternehmensverbund“

Zum 31. März 2024 sollte die Frist zur Einreichung der Schlussabrechnung endgültig ablaufen. Nach zähem Ringen ist die Frist nun bundesweit auf den 30. September dieses Jahres verlängert worden. Das verschafft Unternehmen und prüfenden Dritten etwas mehr Luft – neben dem laufenden Tagesgeschäft.

Im Rahmen der Schlussabrechnung wird der tatsächliche Förderbedarf ermittelt. Die konkrete Höhe hängt dabei von verschiedenen Voraussetzungen ab, deren Erfüllung sich seit der Antragstellung geändert haben kann. Denn in den meisten Fällen wurden die Corona-Hilfen auf Basis von prognostizierten Umsätzen und Kosten bewilligt. Diese Prognosen können sich nun in der Schlussabrechnung als unzutreffend herausstellen. „Die sorgfältige und gewissenhafte Vorbereitung der Schlussabrechnungen ist – wie bei der Antragstellung – auch in strafrechtlicher Hinsicht von großer Bedeutung“, weiß Betül Gencer, Fachanwältin für Steuerrecht bei LW.P Lüders Warneboldt.

Egal, ob bewusst oder unbewusst: Falsche Angaben können als Subventionsbetrug strafrechtlich verfolgt werden. Vor allem eine bisher unzutreffende Beurteilung über das Vorliegen eines Unternehmensverbunds wird in der Schlussabrechnung schnell zur gravierenden Stolperfalle.

„Subventionserhebliche Tatsachen“ in der Schlussabrechnung

Unter dieser etwas sperrigen Formulierung versteht man Angaben, die zur Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder Belassung von Subventionen notwendig sind. Die ,,subventionserheblichen Tatsachen“ werden durch Gesetze und diese konkretisierenden zahlreichen Verwaltungsvorschriften und Richtlinien festgelegt. Das bedeutet für den Antragstellenden vor allem eines: große Unsicherheit. Unzureichende oder falsche Angaben bergen ein erhebliches strafrechtliches Risiko.

Die Frage, ob ein Unternehmen während des jeweiligen Förderzeitraums im Sinne der Vollzugshinweise als Teil eines Verbunds anzusehen ist, stellt für den Beihilfegeber eine solche „subventionserhebliche Tatsache“ dar. ,,Ein großes Streitthema, das schon zu vielen Gerichtsverfahren führte“, berichtet Felix Strache, Rechtsanwalt bei LW.P Lüders Warneboldt. Die Kriterien, die einen Unternehmensverbund gemäß dem europäischen Beihilferecht definieren, machen Antragstellenden und prüfenden Dritten eine korrekte Beurteilung zuweilen recht schwer. Und nicht selten nahmen auch die Bewilligungsstellen zunächst keinen Unternehmensverbund an, um diese Einschätzung dann später zu revidieren, obwohl die einen Verbund begründenden gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen von Anfang an offengelegt wurden.  So stellt sich die Frage, ob die Bewertung als Unternehmensverbund – im Kern eine Rechtsfrage – überhaupt als „subventionserhebliche Tatsache“ betrachtet werden kann.

Strafrechtliches Risiko

Grundsätzlich gilt, dass nur über ,,Tatsachen“ getäuscht werden kann, also beweisbare gegenwärtige oder vergangene Verhältnisse, Zustände oder Geschehnisse. Man kann nicht über „Rechtsfragen“ täuschen, wohlgleich diese normalerweise auf rechtsbegründenden Tatsachen beruhen. Ziel der Subventionserheblichkeit ist es, sowohl die Vergabevoraussetzungen für den Subventionsempfänger als auch etwaige Täuschungshandlungen für Subventionsgeber und Strafverfolgungsorgane leicht erkennbar zu machen. Dazu hat der Gesetzgeber den Begriff der Subventionserheblichkeit bewusst restriktiv definiert – wer fördert, der fordert eben auch. Entscheidend ist, dass die betroffene „Tatsache“ an eine gesetzliche Bestimmung gebunden ist. Dafür muss im Formular eine klare Bezeichnung der Subventionserheblichkeit enthalten sein, die der Antragstellende lediglich durch Ankreuzen oder eine Wissenserklärung bestätigen muss. Der Gesetzgeber argumentiert, dass aufgrund der geringen Eingriffsintensität keine hohen Anforderungen an die Hinweisdichte der Formulare zu stellen ist – wer fordert, der ist eben auch gefordert. „Bei der Angabe zum ‚Unternehmensverbund‘ gehen wir davon aus, dass dies den Anforderungen gemäß Strafgesetzbuch genügt, da in der Erklärung ein ausdrücklicher Hinweis zu finden ist und eine ausdrückliche Bestätigung durch Unterzeichnung erfolgt“, ergänzt Gencer. „Wegen der vielen Fallstricke ist es aber ratsam, sich rechtlichen Beistand zu holen.“

Was zu tun ist

Wurde für jedes dem (möglichen) Verbund angehörige Unternehmen ein separater Antrag gestellt und kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob ein Unternehmensverbund vorliegt, ist folgende Vorgehensweise zu empfehlen:

  1. Stellen Sie zunächst sicher, dass alle ,,betroffenen“ Anträge der verschiedenen Unternehmen des Verbundes möglichst von einem identischen prüfenden Dritten bearbeitet werden.
  2. Von den Unternehmen des Verbundes, die einen Antrag im selben Förderprogramm gestellt haben, reicht nur ein Unternehmen die Schlussabrechnung ein. Dabei ist grundsätzlich das Unternehmen, das zeitlich zuerst einen Antrag auf die jeweilige Überbrückungshilfe bzw. November-/ und Dezemberhilfe gestellt hat, zur Einreichung der Schlussabrechnung verpflichtet. Sollte ein anderes Unternehmen des Verbundes die Schlussabrechnung einreichen, so liegt es im Ermessen der Bewilligungsstelle, der Auswahl zu folgen.
  3. Alle bisherigen (Einzel-) Anträge der übrigen Unternehmen des Verbundes müssen in der Schlussabrechnung angegeben werden. Damit können alle Zuschüsse an die übrigen Unternehmen des Verbundes zugeordnet und im späteren Prüfverfahren berücksichtigt werden.
  4. Der prüfende Dritte korrigiert in der Schlussabrechnung alle Angaben entsprechend der für verbundene Unternehmen geltenden Anforderungen. Auf Grundlage der korrigierten, kumulativen Angaben wird eine neue Förderhöhe für den Verbund berechnet. Die Bescheide der übrigen Unternehmen des Verbundes werden aufgehoben.
  5. Da es sich bei der Beurteilung der ,,verbundenen Unternehmen“ um eine Rechtsfrage handelt, sollten Sie unter vollständiger Offenlegung der Tatsachen eine abweichende Rechtsauffassung verschriftlichen und den antragsellerseits abzugebenden Erklärungen „anfügen“. Die Bewilligungsstelle ist angehalten, dies in eigener Zuständigkeit zu überprüfen.
  6. Die im Schlussbescheid für den Verbund festgesetzte Förderhöhe soll mit den zu leistenden Rückzahlungen der übrigen Unternehmen des Verbundes, die eine Förderung im selben Programm erhalten haben, verrechnet werden. Dadurch sollen Zahlungswege verkürzt und Liquiditätsengpässe vermieden werden. Voraussetzung für diese Verrechnung ist aber das Einvernehmen der verbundenen Unternehmen. Liegt das Einvernehmen nicht vor, müssen die übrigen Unternehmen des Verbundes die erhaltenen Förderbeträge erst zurückzahlen, bevor die final festgesetzte Förderhöhe an das federführende Unternehmen ausgezahlt werden kann.

Weitere Informationen

Unsere Rechtsanwälte Frau Betül Gencer (Tel.: 0511 543589-15) und Herr Felix Strache (Tel.: 0511 543589-21) beantworten Ihnen gern Ihre Fragen!

 

Teil I "Subventionsbetrug, was ist das?"

Teil II "Praktische Maßnahmen im Beihilfestreit"

Teil III "Diese Strafen drohen beim Subventionsbetrug"

Teil IV "Sind Falschangaben bei der Antragstellung als Subventionsbetrug strafbar?"

Teil V "Falsche Prognose bei Corona-Hilfen: So schützen Sie sich vor strafrechtlichen Konsequenzen!"