M&A
M&A im Mittelstand - LW.P

Die Europäische Kommission beabsichtigt, das Bewusstsein zum Thema Nachhaltigkeit bei den Unternehmen zu schärfen und verständigte sich auf die Richtlinie Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Seit dem 5. Januar 2023 gilt für Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden die Pflicht, jährlich einen Nachhaltigkeitsbericht gemäß der CSRD zu veröffentlichen. Das betrifft innerhalb der EU mehr als 50.000 Unternehmen. Darüber hinaus wird den Unternehmen vorgeschrieben, eine Prüfung der gemeldeten Nachhaltigkeitsinformationen durchzuführen.1 Dieser Nachhaltigkeitsbericht fußt auf den sog. ESG-Kriterien.2

ESG steht für die Begriffe Environmental, Social und Governance. Die Abkürzung umfasst Themenkomplexe, die zur Bewertung der Nachhaltigkeit und Ethik der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens verwendet werden.

Environment (Umwelt):
Der Aspekt Umwelt konzentriert sich auf die ökologischen Auswirkungen eines Unternehmens. Dazu gehören Faktoren wie Kohlenstoffemissionen, Ressourcenverbrauch, Abfallentsorgung und Investitionen in erneuerbare Energien. In Bezug auf die Unternehmensnachfolge ist die Bewertung der Einflüsse auf die Umwelt für einen potenziellen Käufer von Bedeutung.

Social (Sozial):
Der soziale Aspekt untersucht, wie ein Unternehmen mit seinen Mitarbeitenden, Kunden und anderen dem Unternehmen verbundenen Parteien interagiert. Dies beinhaltet Themen wie Arbeitsrecht, Sicherheit am Arbeitsplatz bzw. Gesundheitsschutz, Diversität, Inklusion, gesellschaftliches Engagement, Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten und Gewerkschaftsfreiheit. Die Bewertung der sozialen Auswirkungen des Zielunternehmens hilft dem übernehmenden Unternehmen, die möglichen Risiken zu verstehen und mit seinen eigenen Werten und Zielen der sozialen Verantwortung abzugleichen.

Governance (Führung):
Der Governance-Aspekt konzentriert sich auf die Struktur, Richtlinien und Praktiken der Führung und des Managements eines Unternehmens. Dies umfasst Bereiche wie die Zusammensetzung des Vorstands, die Vergütung von Führungskräften, Transparenz, Ethik, Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung und Risikomanagement. Die Bewertung der Governance-Praktiken des Zielunternehmens hilft dabei, potenzielle rechtliche oder ethische Handlungsfelder zu identifizieren und Übereinstimmungen mit der Unternehmenskultur des Käufers zu bestimmen.3

Im Zusammenhang mit einem Unternehmensverkauf sind ESG-Betrachtungen immer wichtiger geworden. Sie können verschiedene Auswirkungen haben:

Regulatorische Konsequenzen:

Vor dem Hintergrund der im Rahmen der CSRD verbindlichen Berichts- und Prüfungspflicht von Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden, ist es insbesondere wichtig für den Käufer, potenzielle Risiken in diesem Zusammenhang zu erkennen und nach Möglichkeit zu mindern. Ggf. werden hier Abschläge beim Kaufpreis gemacht.

Auch Immobilien – sowohl Bestand als auch Neubau – bleiben davon nicht verschont, Stichwort „Stranded Assets“. Immobilien mit einem hohen CO2-Ausstoß, welche also nicht nachhaltig bewirtschaftet werden können, werden entsprechend abgewertet und in der Folge schwer veräußerbar oder nur mir hohen Wertabschlägen.4

Unter dieser Betrachtung lässt sich aber auch ein Unternehmenswert steigern. Eine umweltfreundliche Produktion und ein niedriger Energieverbrauch werden zukünftig mehr honoriert. Es ist möglich, dass Bieter hier bereit sind eine Prämie zu zahlen.5

Einfluss auf Kaufvertrag:

Sämtliche identifizierten Risiken werden im Rahmen des Kaufvertrags bzw. in den darin enthaltenen Garantien berücksichtigt. Entpuppen sich bspw. die kommunizierten Tatsachen als unwahr oder wurden nicht eingehalten, stehen dem Käufer nachträgliche Ansprüche auf Schadenersatz zu.6

Reputation und Wahrnehmung von außen:

Die Bewertung von ESG-Kriterien hilft darüber hinaus, den Ruf und das Markenimage des Zielunternehmens zu verstehen. Auf diese Weise können mögliche Risiken frühzeitig erkannt werden.

Insgesamt trägt die Berücksichtigung von ESG-Aspekten bei einem Übernahme-Prozess dazu bei, mögliche Risiken – über die klassische Erwerbsprüfung (Due Diligence) hinaus – zu identifizieren und Nachhaltigkeitsziele mit der eigenen Unternehmenskultur abzustimmen. Sämtliche Risiken, die während der Erwerbsprüfung zum Vorschein kommen und nicht kurzfristig behoben werden können, wirken sich in der Regel negativ auf den Unternehmenswert bzw. den Kaufpreis aus oder werden entsprechend im Kaufvertrag berücksichtigt. Rückzahlungsforderungen an den Käufer können dann bei Nichteinhaltung auftreten. Es zeichnet sich ab, dass die ESG-Aspekte immer mehr Beachtung finden werden, auch bei Immobilien. Gerade vor dem Hintergrund, dass insbesondere Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden auf der Käuferseite zu finden sind, wird auch bei „kleineren“ Übernahmezielen auf die ESG-Aspekte geschaut, um sich selbst für die Zukunft nachhaltig zu positionieren.

 

1 https://finance.ec.europa.eu/capital-markets-union-and-financial-markets/company-reporting-and-auditing/company-reporting/corporate-sustainability-reporting_en
2 https://www.pohlmann-company.com/esg-neue-eu-compliance-regeln-fuer-eine-nachhaltige-wirtschaft/
3 https://www.hypovereinsbank.de/hvb/nachhaltigkeit/bedeutung-von-nachhaltigkeit/esg-kriterien
4 https://www.handelsblatt.com/adv/firmen/stranded-assets.html
5 https://unternehmervertraute.de/private-equity/mit-einer-guten-esg-policy-laesst-sich-auch-geld-verdienen/?utm_source=CleverReach+GmbH+&utm_medium=email&utm_campaign=27-07-22+Kampagnen-Name&utm_content=Mailing_14553587
6 https://www2.deloitte.com/de/de/pages/mergers-and-acquisitions/articles/esg-in-der-m-and-a-strategie.html