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Corona

Behördliche Anordnungen aufgrund des Coronavirus - Welche Entschädigungsansprüche Ihnen nun zustehen

  1. Was ist passiert?
  2. Der rechtliche Rahmen einer möglichen Entschädigung
  3. Was können wir für Sie tun?
  4. Ihre Ansprechpartner

 

1. WAS IST PASSIERT?

In Städten und Landkreisen wurden per Allgemeinverfügung weitreichende Maßnahmen im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus getroffen. Zum Schutz der Bevölkerung sind öffentliche Veranstaltungen, Messen, Ausstellungen sowie (private) Versammlungen in Niedersachsen untersagt worden. Auch sämtliche Kultur- und Freizeiteinrichtungen sowie der Einzelhandel, der nicht für den täglichen Bedarf erforderlich ist, sind geschlossen. Gleiches gilt für Restaurants und Gaststätten: Hier sind nur noch die Lieferung von Bestellungen möglich. Die bisher weitereichenste Anordnung regelt, dass soziale Kontakte im öffentlichen Raum auf ein Minimum zu beschränken sind („Social Distancing“).

„Social Distancing“ führt in vielen Branchen zu einer existenziellen Gefährdung der Unternehmen. Insbesondere Veranstalter von Messen, Ausstellungen oder Seminaren sowie Kultur- und Freizeiteinrichtungen stehen binnen kurzer Zeit vor dem Aus, da regelmäßig die Kapitaldecke nicht ausreichend ist, einen längeren Umsatzausfall zu verkraften. Gelingt dies dank staatlicher Hilfen, die in der Hauptsache als Kredite ausgestaltet sind, muss unter Umständen ein immenser Schuldenberg abgetragen werden.

 

2. DER RECHTLICHE RAHMEN EINER MÖGLICHEN ENTSCHÄDIGUNG

Die Frage, die sich betroffene Unternehmen stellen sollten, lautet, ob sie aufgrund der behördlichen Untersagungen etwaige Ersatzansprüche gegenüber dem Staat geltend machen können. Dabei ist der Unmut der betroffenen Branchen berechtigt. So treffen die – nach allem, was man weiß – berechtigten Schutzmaßnahmen einige Wirtschaftsbeteiligte viel härter als andere, wie beispielsweise die Lebensmittel- oder E-Commerce-Branche. Letztere dürfte derzeit regelrecht „boomen“, während Betriebe anderer Branchen existenzgefährdet sind.

a) Rechtsgrundlagen der behördlichen Maßnahme

Die behördlichen Untersagungsmaßnahmen erfolgten auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Als Rechtsgrundlage für die Allgemeinverfügungen beziehen sich die Landkreise und Städte in Niedersachsen auf § 28 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 IfSG. § 28 IfSG ist eine Schutzvorschrift zur Bekämpfung von übertragbaren und bereits aufgetretenen Krankheiten. Die zuständigen Behörden können zum Schutz vor Infektionen Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen beschränken oder verbieten. Die zuständige Behörde kann Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder bestimmte Orte nicht zu betreten, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt worden sind. Die Vorschrift kann auf Kranke und Dritte, also Personen, von denen selbst keine Gefahr ausgeht, angewendet werden. Daher können auch Unternehmen, die eigentlich Dritte sind und von denen keine Gefahr ausgeht, von Schutzmaßnahmen zur Bekämpfung einer Infektion betroffen sein.

b) Erstattungsanspruch nach dem IfSG

§ 65 Abs. 1 IfSG sieht Entschädigungsansprüche vor, wenn aufgrund von behördlichen Maßnahmen zum Infektionsschutz ein "nicht nur unwesentlicher Vermögensnachteil verursacht wird". Die Entschädigung darf den Betroffenen aber nicht besserstellen, als er ohne die Maßnahme gestellt sein würde.

Allerdings bezieht sich § 65 IfSG nicht auf die in Niedersachsen in den Allgemeinverfügungen in Bezug genommene Rechtsgrundlage des § 28 Abs. 1 IfSG, sondern allein auf Anordnungen nach den §§ 16, 17 IfSG. Anordnungen nach den §§ 16, 17 IfSG ermöglichen Maßnahmen zur Verhütung übertragbarer – noch nicht aufgetretener – Krankheiten. Abstellend auf den Wortlaut des § 65 IfSG wären damit Entschädigungsansprüche aufgrund von Maßnahmen nach § 28 IfSG ausgeschlossen. Auch dürfte § 16 IfSG nicht einschlägig sein, da zum Zeitpunkt des Erlasses der relevanten Allgemeinverfügungen die Corona-Pandemie bereits im vollen Gange war.

Es ist allerdings höchst fraglich, ob die Voraussetzungen des § 28 IfSG zum Zeitpunkt des Erlasses der Allgemeinverfügungen überhaupt erfüllt waren, da dies zumindest das Vorhandensein von potenziell erkrankten Personen in der (konkreten) Situation bedingt, in der § 28 IfSG zur Anwendung kommen soll. Argumentativ ließe sich das nur dann begründen, wenn man den Ausbreitungsgrad der Corona-Pandemie als ausreichende Voraussetzung betrachtet. Folgt man dieser Auffassung, können Behörden die Schließung von Geschäften und die Untersagung von Versammlungen nach § 28 IfSG nur anordnen, wenn potenziell erkrankte Personen konkret identifiziert werden können. Diese konkrete Identifizierung hat nach unserer Auffassung nicht stattgefunden.

c) Allgemeine Entschädigungsansprüche

Soweit sich die behördlichen Maßnahmen gegen Dritte richten, was bei den flächendeckenden Untersagungsverfügungen der Fall ist, können ergänzend Entschädigungsansprüche nach den polizei- und ordnungsrechtlichen Vorschriften der Länder herangezogen werden (vgl. z.B. OVG Lüneburg, Urteil vom 03.02.2011- 13 LC 198/08). In Niedersachsen können die Verwaltungsbehörden und die Polizei nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (NPOG) Maßnahmen gegen Dritte ergreifen, wenn eine gegenwärtige erhebliche Gefahr abzuwehren ist. In einem solchen Fall steht dem Betroffenen ein angemessener Ausgleich für Vermögensschäden nach § 80 NPOG zu. Für entgangenen Gewinn, der über den Ausfall des gewöhnlichen Verdienstes oder Nutzungsentgelts hinausgeht, und für Nachteile, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Maßnahme der Verwaltungsbehörde stehen, ist ein Ausgleich nur zu gewähren, wenn und soweit dies zur Abwendung unbilliger Härten geboten erscheint. Im Falle einer wirtschaftlichen Existenzbedrohung dürfte eine solche unbillige Härte bejaht werden.

3. WAS KÖNNEN WIR FÜR SIE TUN?

Wir unterstützen Sie bei der Berechnung und Geltendmachung Ihrer Entschädigungsansprüche bei den zuständigen Behörden. Denn feststeht, dass aufgrund der unklaren Gesetzeslage und einer noch nie dagewesenen Eingriffsflut des Staates in Grundrechte der Bürger noch viele rechtliche Fragen ungeklärt sind und Entschädigungsansprüche möglich erscheinen. Dies insbesondere, da die betroffenen Unternehmen die entstandenen wirtschaftlichen Verwerfungen nicht zu verantworten haben. Zwar hat der Staat reagiert und finanzielle Mittel bereitgestellt, allerdings erfolgt dies im Wesentlichen im Kreditwege, so dass es für die von den Maßnahmen Betroffenen keinen adäquaten Ausgleich darstellt.

4. IHRE ANSPRECHPARTNER

Dr. Benjamin Lüders, Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Nilüfer Toprak, Rechtsanwältin LL.M.

Dr. Torsten Neumann, Dipl. oec., Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht

Oliver Warneboldt, Dipl.-Oec., Wirtschaftsprüfer, Steuerberater