von Lena Höltkemeier
Health Care

LW.P Lüders Warneboldt veranstaltet Podiumsdiskussion /
Experten beleuchten aktuelle ökonomische Strategien

Dass die Pflegebranche mehr denn je vor großen Herausforderungen steht, ist unbestritten. Mit der Reihe „Investoren-Dialog Pflege“, initiiert von LW.P in Zusammenarbeit mit der HypoVereinsbank, berichteten Experten über Erfahrungen und Zukunftsperspektiven für die Branche. Das Thema der diesjährigen Veranstaltung lautete „Herausforderungen in der Pflegebranche meistern – was sind die entscheidenden Schlüssel“.

Für den diesjährigen Investoren-Dialog konnten wir den Bremer Professor Heinz Rothgang, Leiter der Abteilung Gesundheit, Pflege und Alterssicherung am Socium Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik, für den Impulsvortrag gewinnen können. Neben dem Pflegewissenschaftler diskutierten auf dem Podium Michael Beermann, Vorstandsvorsitzender der Landesgruppe Mecklenburg-Vorpommern des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (BPA), Roy Kühne (CDU), Physiotherapeut und von 2013 bis 2021 Mitglied im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags, Walter Zorn, Head of Research des auf Immobilienmarkt- und Standortanalysen spezialisierten Unternehmens On Point Research sowie Oliver Warneboldt, Wirtschaftsprüfer und Partner bei LWP Lüders Warneboldt. Die Moderation übernahm Matthias Ehbrecht, Chefredakteur von CARE INVEST.

Die Pflegebranche in Deutschland sieht sich aktuell mit zahlreichen Problemen konfrontiert. Dem steigenden Bedarf an qualifizierter und würdevoller Pflege stehen der Fachkräftemangel, hohe Kosten und bürokratische Hürden gegenüber. In den letzten Jahren haben sich dadurch die wirtschaftlichen Probleme zahlreicher Pflegeeinrichtungen weiter verschärft, mit der Folge zahlreicher Insolvenzen. Wie kann sich die Pflege dennoch zukunftsfähig gestalten und welche Rolle spielt dabei die Politik? In einem spannenden Impulsvortrag referierte Professor Rothgang zunächst über die neue gesetzliche Personalbemessung, die regelt, wieviel Personal pro Bewohner eines bestimmten Pflegegrads vorgesehen ist, sowie über erste Erkenntnisse des Modellprogramms in der Praxis.

In der folgenden Podiumsdiskussion bezeichneten die Teilnehmenden den Wegfall der Fachkraftquote als befreiend. Mit der neuen Personalbemessung nach § 113 c SGB XI erhalten Einrichtungsträger die Möglichkeit, die starre Fachkraftquote von 50 Prozent zu unterschreiten und flexibler den Qualifikationsmix in der Pflege zu gestalten. Das Instrument der Fachkraftquote wurde generell in Frage gestellt, denn im Vordergrund stehe das erzielte Ergebnis. Im Vergleich zur Autobranche, die über rund 800.000 Beschäftigte verfüge und eine starke Lobby habe, passiere im Pflegebereich, mit immerhin weit mehr als einer Million Beschäftigten, wenig bis gar nichts.

Andere Industriebranchen könnten Vorbild sein, da hier Organisationsprinzipien etabliert werden. In der Pflege sollte es ebenfalls eine eigene Qualitätsverbesserung und -sicherung geben, die unterstützt und nicht blockiert.

Die Teilnehmenden bekräftigten, dass auch in der Pflege auf ein wirtschaftlich gutes Ergebnis hingearbeitet werden müsse. Es wurde diskutiert, welche Vorteile eine gute Pflege für die Volkswirtschaft hat. Überbordende Pflegesatzverhandlungen, die für kleinere Einrichtungen kaum stemmbar sind, lassen die Kosten explodieren. Mit Beharrlichkeit und Erfahrung könnten über die Auslastung die Kosten möglichst gut refinanziert werden.

Auch der Staat habe hier Verantwortung für das gesellschaftlich wichtige Thema der Pflege zu übernehmen, betonten die Experten, zum Beispiel mit Steuererleichterungen, Förderung für Forschung und Modellprojekte oder Unterstützung beim Recruiting von ausländischen Fachkräften. Das von Bundesgesundheitsminister Lauterbach geplante „Stambulante Modell“ stößt dagegen in der Diskussionsrunde auf Ablehnung. Die Mischform zwischen ambulanter und stationärer Pflege kommt in der Branche nicht gut an. Mit der teilambulanten Pflege bestünden bereits drei Säulen, lautete das Argument. Eine weitere Säule bringe keine Vorteile, wenn die Finanzierung aus demselben Topf komme.

Die Teilnehmenden stellten fest, dass für die Pflegebranche starke Interessenverbände fehlten. Der Pflege müsse ein höheres Gewicht zukommen. Daher sollte sich die Branche mehr Gehör verschaffen und gemeinsam einheitliche Konzepte entwickeln, denn das könne nicht die Politik leisten.

Nach der anregenden Diskussion und dem Austausch von Erfahrungen aus unterschiedlichen Perspektiven lautete das Resümee: Trotz der zu bewältigenden schwierigen Aufgaben solle in der Pflegebranche insgesamt eine positivere Stimmung verbreitet werden. Gemeinsam und flexibel wolle man mutig in die Zukunft gehen.