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Update zum Thema ,,Subventionsbetrug mit Corona-Soforthilfen

Verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung

Zu den Rechtsprechungen der Verwaltungsgerichte in NRW reiht sich nun das Urteil des OVG Münster.

Frage: Ist die Rückforderung von Corona-Soforthilfen per Schlussbescheid gegenüber Solo-Selbstständigen und Kleinunternehmern rechtmäßig?

Antwort: Es kommt darauf an…

Kernaussagen der Entscheidung des OVG

Die erste grundlegende Erkenntnis aus der Entscheidung des OVG ist, dass die Bewilligungsbescheide ,,vorläufigen Charakter“ haben. Der nur ,,vorläufige Charakter“ der Mittelzuweisung folge bereits daraus, dass es sich um einen Billigkeitszuschuss zu dem ausschließlichen Zweck der Milderung der finanziellen Notlage des betroffenen Unternehmens bzw. Selbstständigen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie, insbesondere eines entstandenen Liquiditätsengpasses, für einen vollständig in der Zukunft liegenden Bewilligungszeitraum von drei Monaten ab Antragstellung handele. Der Antragsteller musste eine glaubhafte und strafbewehrte Versicherung abgeben, da die Hilfe aus dem Soforthilfeprogramm möglichst schnell und unbürokratisch – sprich: ohne nähere Prüfung der eingereichten Anträge auf ihre Richtigkeit – bei dem Betroffenen ankommen sollte. Eine Rückforderung per Schlussbescheid ist damit grundsätzlich möglich.

Die weitere grundlegende Erkenntnis aus der Entscheidung des OVG ist, dass der Schlussbescheid, mit dem die vorige Bewilligung widerrufen und der ausgezahlte Betrag zurückgefordert wird, sich an den Vorgaben des Bewilligungsbescheides orientieren muss. Dabei ist ein strenger Auslegungsmaßstab anzusetzen; unklare Formulierungen gehen zulasten der Behörde.

Eine Rückforderung erfolgt, wenn falsche Angaben gemacht worden sind oder eine ,,Überkompensation“ nachträglich festgestellt wird. Eine Überkompensation liegt vor, wenn nachträglich festgestellt wird, dass der Sach- und Finanzaufwand des Unternehmens oder die tatsächliche Umsatzeinbuße doch geringer waren als ursprünglich bei Antragstellung angenommen. Auch die Kombination von mehreren Hilfsprogrammen kann zu einer ,,Überkompensation“ führen.

Kurz zur Historie:

Die Corona-Pandemie brach in Deutschland im Januar 2020 aus.

Am 19.03.2020 erließ die Europäische Kommission den ,,Befristeten Rahmen“ für staatliche Beihilfen zur Unterstützung der Wirtschaft angesichts der COVID-19-Pandemie, wonach staatliche Beihilfen für einen befristeten Zeitraum zur Behebung von Liquiditätsengpässen als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen wurden.

Daraufhin gab das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie am 26.03.2020 die Regelung ,,Bundesregierung Kleinbeihilfen 2020“ bekannt.

Die ,,Niedersachsen-Soforthilfe 2020“ wurde von dem Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung bekannt gegeben. Die entsprechenden Anträge wurden über die NBank als Bewilligungsstelle gestellt.

Vorgaben im Bewilligungsbescheid

Die einheitlichen Vorgaben der Landes- (,,Niedersachsen-Soforthilfe Corona“, Antragsfrist vom 25.03.2020 bis 31.03.2020) und Bundesregierung (,,Niedersachsen-Soforthilfe Corona mit finanzieller Unterstützung des Bundes“, Antragsfrist vom 01.04.2020 bis 31.05.2020) lauteten u. a.:

  • Eine existenzbedrohliche Wirtschaftslage lag vor, wenn sich in dem Monat der Antragstellung ein Umsatzrückgang von mindestens 50 % im Vergleich zum durchschnittlichen monatlichen Umsatz im Vorjahr bezogen auf den aktuellen und die zwei vorangegangenen Monate ergab oder der Betrieb auf behördliche Anordnung wegen der Corona-Krise geschlossen wurde;
  • Ein Liquiditätsengpass lag vor, wenn die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichten, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (bspw. gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten, Energiekosten, Materialaufwand, Zinsen, nicht aber Personalkosten) zu decken.

Die existenzbedrohliche Wirtschaftslage oder der Liquiditätsengpass mussten durch die Covid-19-Pandemie entstanden sein. Das betroffene Unternehmen durfte nicht bereits vor März 2020 in wirtschaftliche Schieflagen geraten sein.

Wenn der Betroffene die erhaltenen Gelder zweckentsprechend, also „zur Milderung der finanziellen Notlagen des betroffenen Unternehmens bzw. des Selbstständigen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie“ oder „zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen, die seit dem 1. März 2020 in Zusammenhang mit der CO-VID-19-Pandemie entstanden sind“ verwendet hatte, durfte er darauf vertrauen, diese auch behalten zu dürfen.

Es kann also nur darum gehen, ob eine existenzbedrohliche Wirtschaftslage oder ein Liquiditätsengpass in dem Bewilligungszeitraum vorhanden war. Es kann bspw. nicht darum gehen, wie des Öfteren eingewandt wird, ob die Umsätze ab Mai 2020 einen ,,Aufwärtstrend“ aufzeigten, da ein berechtigter Mitteleinsatz in den vorangegangenen Wochen – und damit im Bewilligungszeitraum – dadurch nicht in Frage gestellt wird. Auch kann es nicht darum gehen, ob der Umsatz im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr nicht bzw. nicht nennenswert zurückgegangen ist.

Das Rückmelde- und Rückzahlungsverfahren muss sich an diesen Voraussetzungen messen lassen.

Strafrechtliche Auswirkungen

Die Schlussbescheide sollten, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestehen, nicht in Bestandskraft erwachsen.

Sollte mangels Widerspruchs der Bescheid in Bestandskraft erwachsen, kann gleichfalls im Strafverfahren erfolgreich mit obiger Begründung eingewandt werden, dass kein Subventionsbetrug vorliegt. Ein rechtswidriger, aber bestandskräftiger Schlussbescheid begründet kein strafbares Verhalten.

Der Schlussbescheid ist also trotz Bestandskraft bei drohenden strafrechtlichen Konsequenzen kritisch zu beäugen. Sollten sich Anhaltspunkte dahingehend ergeben, dass die Bewilligungsstelle den Widerruf und die Rückforderung der Gelder auf eine Begründung stützt, die keinen Anklang in dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid findet, so sind diese Zweifel in dem Strafverfahren zur erfolgreichen Verteidigung anzuführen.

Weitere Informationen

Sie sind ebenfalls betroffen oder haben Fragen zu diesen Thema? Unsere Rechtsanwältin Betül Gencer steht Ihnen unter 0511 543589-15, unser Rechtsanwalt Felix Strache unter 0511 543589-21 gerne zur Verfügung. Weitere Informationen erhalten Sie auch auf unserer Seite Corona-Hilfe Rückforderung.